Slow food-Test-Essen

Anmerkungen zum “Slow food-Test-Essen: Wie schmecken ‘Berliner Aal’, ‘Berliner Markthallen’ oder ‘Berliner Halblange’?”

Von Jürgen Müller-Lütken

 Im VERN-Newsletter Juni/2020 erschien der Bericht über ein Test-Essen von Gemüsesorten mit Berliner Namen, darin wurden auch zwei meiner Melonen erwähnt.

Leider wurde dort nicht mitgeteilt, dass diese Melonen Abkömmlinge der ‘Berliner Netzmelone’ waren, einer alten Melonensorte, die so wie das andere vorgestellte Gemüse ebenfalls im Berliner Raum entwickelt wurde.

Melonenkostprobe (Foto Jürgen Müller-Lütken)
Melonenkostprobe (Foto Jürgen Müller-Lütken)

Ich hatte die ‘Berliner Netzmelone’ in 2016 aus der Genbank in Gatersleben erhalten und 2017 sortenrein nachgezogen, sie aber 2018 mit anderen Melonensorten zusammen wachsen lassen, so dass Kreuzungen stattfinden konnten.

Herr Welkoborsky von Slowfood Berlin e. V., der Veranstalter des Test-Essens, hatte durch einen Beitrag in meinem Blog von der ‘Berliner Netzmelone’ erfahren und hätte gern auch diese beim Test-Essen vorgestellt.

Da es ihm nicht gelungen war, diese selbst 2019 sortenrein anbauen zu lassen, hatte ich ihm angeboten, wenigstens zwei Melonen-Mischlinge, die einige Eigenschaften der ‘Berliner Netzmelone’ zeigten, vorzustellen, damit sich die Teilnehmer*innen wenigstens einen ungefähren Eindruck vom Original machen konnten.

Dieses Angebot wurde von Herrn Welkoborsky dankend angenommen.

Die ‘Berliner Netzmelone’ kann Früchte von beeindruckender Größe hervorbringen. Ich selbst hatte 2017 ein Exemplar, das 11 Kilogramm wog; in der Literatur werden Früchte von 13 Kilogramm erwähnt. Sie hat kräftig oranges Fruchtfleisch und ist wunderbar saftig, aber nicht allzu süß; früher wurde sie deshalb bevorzugt wie Kürbis eingelegt.

Berliner Netzmelone, Foto Jürgen Müller-Lütken
Berliner Netzmelone’, Foto Jürgen Müller-Lütken

Möglicherweise wurde sie damals auch genussvoll roh verspeist, da die Menschen bis dahin noch nicht so von den extrem süßen Melonen aus südlichen Ländern verwöhnt waren.

Diese Melonensorte musste früher zwar in Frühbeetkästen vorgezogen werden, reifte aber auch hierzulande den Sommer über im Freiland aus, weshalb sie bis in die 50er Jahre in Deutschland verbreitet angebaut wurde.

Der VERN hatte diese Melone laut Aussage der Vorsitzenden Cornelia Lehmann vor Jahren ebenfalls angebaut und ihr Potential für eine Erhaltung durch Rekultivierung untersucht; sie wurde jedoch aufgrund ihrer Eigenschaften (riesengroß, wenig süß) nicht für wert befunden, in das (begrenzte) Erhaltungs- und Rekultivierungsprogramm des Vereins aufgenommen zu werden.

Ich finde diese Melone jedoch sehr interessant und möchte mich dafür einsetzen, sie (wieder) bekannt zu machen und ihren Anbau zu fördern. Es gibt ganz sicher Liebhaber*innen für diese Melonensorte.

Darüber hinaus haben mir meine Mischlinge gezeigt, dass die ‘Berliner Netzmelone’ auch zur genetischen Vielfalt der Melonen beitragen kann, indem sie mit anderen Sorten gekreuzt wird.

Die Erhaltung von “alten” Sorten kann immer nur begrenzt zur Vermehrung der genetischen Vielfalt unserer Nutzpflanzen beitragen, weil immer nur wenige Sorten von wenigen Erhalter*innen vermehrt werden können.

Nur durch weit verbreiteten, eigenen Samenbau, bei dem durch vielfache Kreuzungen und vielfache Auslese viele verschiedene, regional angepasste genetische Varianten entstehen, lässt sich die genetische Vielfalt unserer Nutzpflanzen maximal erhöhen.

Die eigene Saatgutgewinnung sollte deshalb vor allem in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt werden, wenn es um die genetische Vielfalt unserer Nutzpflanzen geht.

In meinem Blog können Sie sowohl über die “Berliner Netzmelone” (https://www.ichbindannmalimgarten.de/b erliner-netzmelone/ , https://www.ichbindannmalimgarten.de/ein-erweckungserlebnis/) als auch über die Mischlingsmelonen mehr erfahren (https://www.ichbindannmalimgarten.de/ich-und-die-riesenmelone/); aber ich habe dort auch meine Vorschläge zur Vermehrung der genetischen Vielfalt unserer Nutzpflanzen ausführlich vorgestellt (https://www.ichbindannmalimgarten.de/sorten-erhalten-war-gestern/).

Außerdem gibt es dort zahlreiche praktische Anleitungen für die eigene Saatgutgewinnung.

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