Tomatensorte Lukullus

Tomatensorte Lukullus

Heinz-Dieter Hoppe

Die Tomatensorte ‘Lukullus’ wurde 1910 in den Handel eingeführt. Sie zählt damit zu den „dienstältesten“ Sorten in Deutschland. Im gleichen Jahr wird die Sorte in der Liste hervorragender Gemüsesorten auf der Ausstellung des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in Berlin geführt. An die Vereinsmitglieder wird zu Versuchszwecken kostenlos Saatgut abgegeben. Bereits 1911 ist sie im Katalog von Liebau & Co. Erfurt zu finden. Sie wird als hervorragende Marktsorte mit außerordentlichem Wohlgeschmack beschrieben. Ferner werden ihre Frühreife und Ertragsfähigkeit hervorgehoben.

Züchter dieser Sorte war Franz Staib (Abb.1). Er war von 1903 – 1914 Inspektor bei der Samenzüchterei Martin Grashoff in Quedlinburg und der Terra AG (vormals Gustav Jaensch & Co. AG) in Aschersleben. Die Terra AG (Abb. 2) betrieb in Rathmannsdorf (jetzt Ortsteil von Staßfurt), Drohndorf (jetzt Ortsteil von Aschersleben) und Aschersleben Versuchsflächen.

Abb. 1: Franz Staib, Züchter der Tomatensorte ‘Lukullus’ (Foto aus Biographisches Lexikon zur Geschichte der Pflanzenzüchtung. Band II, N – Z)

Abb. 2: Anzeige im Reichsadressbuch des Deutschen Gartenbaus, Band 2 (Nordwestdeutschland, 1934)

1907 führte Staib in Rathmannsdorf Kreuzungsexperimente mit den Sorten ‘Dänische Export’ und ‘Juwel’ durch. Er sagt dazu in Möllers Deutscher Gärtner-Zeitung von 1918: „Von Export sagte mir die Form, von Juwel die (glänzend rote) Farbe zu. Export dünnhäutig, Juwel widerstandsfähiger.“ Mit den Nachkommen (F1) von 1908 war Staib anfänglich nicht zufrieden: „Die Pflanzen entwickelten sich derart robust und hoch ins Kraut, daß ich drauf und dran war, die kleine Anpflanzung verschwinden zu lassen. Da entdeckte ich Blütenansatz, und die Weiterentwicklung zeigte ein so erfreuliches Ergebnis.“

Bereits wenige Jahre nach der Einführung avancierte ‘Lukullus’ zur beliebtesten Tomatensorte. Bei einer Umfrage von 1917 unter 82 Tomatenzüchtern votierten 38 für die Sorte aus Rathmannsdorf. ‘Geisenheimer Frühe’ erhielt nur noch 29 Stimmen und auf dem dritten Platz landete ‘Dänische Export’ mit 20 Stimmen.

Franz Staib züchtete später auch eine speziell für den Gewächshausanbau geeignete Form von ‘Lukullus’, er benannte sie ‘Lukullus Treib’. Diese Sorte wurde 1936 in der Sortenregisterstelle Calbe/S. geprüft, aber nicht als verschieden zu ‘Lukullus’ angesehen und gelangte daher nicht zur Zulassung.

Mitte der 1930er Jahre erfolgte in Deutschland eine Sortenbereinigung, um die hohe Anzahl der Sorten zu reduzieren. Viele der gehandelten Sorten waren sich sehr ähnlich, teilweise sogar nur Umbenennungen. Ab 1937 waren nur noch elf Sorten zugelassen, dazu gehörte ‘Lukullus’. Auch nach dem zweiten Weltkrieg konnte sich die Sorte zwischen den Neuzüchtungen behaupten. Von 1948 – 1960 führte die Zentralstelle für Sortenwesen der DDR ‘Lukullus’ in ihrer Sortenliste. Bis in die heutige Zeit hinein hat die Sorte ihren Platz unter den Hobbygärtnern als Liebhabersorte gefunden. Viele Samenhändler bieten ‘Lukullus’ nach wie vor an.

‘Lukullus’ wird als Rote-Liste-Sorte der historisch genutzten Gemüse in den Pflanzengenetischen Ressourcen Deutschlands (PGRDEU) aufgeführt. Die Sorte wird im VEN (Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt) als Erhalterringsorte bearbeitet. Ringsorten werden innerhalb des VEN durch mehrere Gärtner bundesweit vermehrt, evaluiert und mittels eines zentralen Saatgutlagers gesichert: https://www.nutzpflanzenvielfalt.de/fachgruppe-tomaten.

‘Lukullus’ ist eine mittelfrühe Sorte mit einem sicheren Ertrag unter unterschiedlichsten Umweltbedingungen. Die roten Früchte sind mittelgroß, glatt, rund und weitestgehend platzfest (Abb. 3). Vom Typ entspricht sie einer Salattomate, die ausgewogen im Geschmack ist, nicht zu sauer, aber auch nicht zu süß. Das ist wahrscheinlich das Geheimnis ihrer über 100 Jahre dauernden Nutzung.

Abb. 3: Stabtomate ‘Lukullus’

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